Netter Betriebsausflug
Das Schöne an diesen erzwungenen Gastspielen der Fußball-Dinos in der Diaspora sind die zarten Berührungen zwischen den Ungleichen. Der Kleine schmiegt sich an den Großen, und der tätschelt gönnerhaft zurück. Alle sind furchtbar freundlich und lieb zueinander, eine Art Kuschelprogramm im ansonsten so beinharten Verdrängungswettbewerb. Wie am Samstagabend im schönen Linzgau.
Da sprach der Pfullendorfer Trainer Walter Schneck während der Pressekonferenz im Festzelt trotz trockener 0:3-Schlappe von einem "Fußballfest" und einem "geilen Abend". Der Moderator des Abends, Andreas Schuler vom Südkurier, wünschte der Eintracht als gebürtiger Frankfurter auf ihrem Weg nach Berlin noch rasch alles Gute und "dass wir hier in einem Jahr sagen können: ,Wir sind gegen den deutschen Pokalsieger ausgeschieden'". Da lächelten alle glückstrunken, auch Friedhelm Funkel, der Trainer zum Anfassen. Dann stürzte er noch schnell ein saftiges Steak vom Grill samt Kartoffelsalat und einem Bierchen hinunter. Kann man sich schon mal gönnen nach einem so netten Betriebsausflug an den Bodensee.
Nicht mehr war der erste ernsthafte Auftritt des hessischen Bundesligisten. Die Eintracht siegte beim braven Regionalligisten ungefährdet mit 3:0 (2:0), sie hat sich der lästigen Pflichtaufgabe souverän entledigt. Mund abputzen, heimfahren, auf Real freuen. Die Madrilenen kommen morgen zum freundschaftlichen Test nach Frankfurt (20.30 Uhr live im HR). Da schrumpft dann die Eintracht vom Dino zum Zwerg, da freut sie sich ihrerseits auf ein "Fußballfest" (Funkel).
In Pfullendorf ließ sie nichts anbrennen, im Grunde war die Partie schon nach 70 Sekunden entschieden, da hatte der bärenstarke Brasilianer Chris den Ball ins Netz geköpft, kurz später schloss der überzeugende Neuzugang Nikos Liberopoulos die schönste Kombination des Abends mit dem langen rechten Bein zum 2:0 ab (19.). "Der Spielablauf kam uns entgegen", sagte Vorstandschef Heribert Bruchhagen. Kurz nach dem Wechsel traf erneut Chris per Kopf zum 3:0 (54.). "Wir haben sehr routiniert und abgeklärt gespielt", urteilte Bruchhagen etwas zu positiv.
Die Hessen hatten ihre Stärken in der Luft, "unsere Standards waren sehr gefährlich, das ist eine Stärke von uns", sagte Funkel. Der kopfballstarke Chris sieht in der Frankfurter Lufthoheit keinen Zufall: "Wir trainieren das immer." Neuzugang Markus Steinhöfer machte mit zwei butterweichen und genau getimten Flanken auf sich aufmerksam, die beide zu Toren führten. "Zwei Flanken, zwei Tore - das war gut, das haben wir auch einstudiert. Aber für mich war es dennoch kein Einstand nach Maß", bekundete der von Red Bull Salzburg gekommene Mittelfeldmann. Auch Funkel findet: "Von Steini muss noch mehr kommen." Nicht nur von ihm.
Souveränität vermissen lassen
Bei aller Frankfurter Leichtigkeit: Der Eintracht-Sieg war zwar nie in Gefahr, doch beileibe nicht überzeugend. "Wir haben phasenweise die Souveränität vermissen lassen", monierte Funkel. "Da waren viele schlampige Abspiele dabei, das hat mir nicht gefallen." Gerade im Deckungsverbund wirkten die Frankfurt alles andere als sattelfest, da traute man kaum den Augen, welch Unsicherheiten sie da offenbarten. Gerade Marco Russ bot eine unterirdische Leistung, seine haarsträubenden Schnitzer führten um ein Haar zu zwei Gegentoren. Später flog er nach einer harten Attacke und einem sinnlosen Handspiel mit Gelb-Rot vom Platz (45.). Der Höhepunkt des schlechten Geschmacks. "Marco hat nicht gut gespielt, er muss sich deutlich steigern", analysierte Funkel (siehe auch nebenstehenden Artikel).
Auch Russ' Nebenleute wirkten nicht immer sicher. "Wir haben uns das Leben selbst schwer gemacht", befand Chris. Womöglich aber war sich die Eintracht auch einfach ihrer Sache zu sicher, "da schleicht sich dann der Schlendrian ein", glaubt Steinhöfer. "Und das führt zu diesen kleinen Aussetzern." Kleine Aussetzer? Das ist leicht untertrieben. Der sichere Torwart Oka Nikolov findet diese vielen "Leichtsinnsfehler" zwar nicht normal, "aber das kann passieren". Kann passieren, sollte nicht. Funkel sieht bei aller Kritik auch das Gute, wenn der Kader erst vollständig beisammen ist, sei einiges zu erwarten: "Wir mussten ohne sieben richtig gute Bundesligaspieler auskommen. Darüber spricht überhaupt niemand."