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    „Ich brauche das Rampenlicht nicht“

    Fußball-Bundesliga: Nach einer Saison beim 1. FC Nürnberg ist Daniel Didavi zum VfB Stuttgart zurückgekehrt

    Wenn die Bundesliga am heutigen Freitag wieder den Spielbetrieb aufnimmt, bleibt Daniel Didavi nur Zuschauerrolle. Nach einem Knorpelschaden am Knie befindet sich der 21-jährige Mittelfeldspieler des VfB Stuttgart derzeit noch im Aufbautraining. „Ich mache mir keinen Druck“, sagt Didavi, der in der vergangenen Saison an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen war und dort mit neun Toren und drei Vorlagen von sich Reden gemacht hat. Im Interview mit Björn Binder spricht der gebürtige Nürtinger über seine Zeit im Frankenland, die Rückkehr nach Stuttgart und seine Ziele für die neue Saison.

    Herr Didavi, die Bundesliga nimmt wieder den Spielbetrieb auf, der VfB Stuttgart trifft auf den VfL Wolfsburg. Freuen Sie sich mit Ihren Mitspielern, dass es wieder losgeht oder überwiegt die Enttäuschung darüber, dass Sie nicht selbst auf dem Platz stehen können?

    Mir wäre es lieber, wenn es erst später losgehen würde. Klar, jetzt kommt wieder Fußball am Wochenende. Aber es ist sehr Schade, dass ich verletzt bin und nicht dabei sein kann. Das überwiegt.


    Sie haben sich in einem Freundschaftsspiel nach Ende der vergangenen Saison einen Knorpelschaden am Knie zugezogen. Am 30. Mai wurden Sie operiert, seit Juni sind Sie in Reha. Wie läuft die Arbeit am Comeback?

    Ich bin acht Wochen an Krücken gegangen. Am Anfang wurde ich nur behandelt, dann habe ich mit Oberkörper-Training begonnen. Nach sechs Wochen konnte ich das Knie wieder etwas belasten. Seit die Krücken weg sind, bin ich jeden Tag sechs bis acht Stunden in der Woche in Reha, immer vormittags und nachmittags. Im Prinzip habe ich jetzt mehr Training, als wenn ich nicht verletzt wäre.


    Wie sieht der weitere Fahrplan aus?

    Ich war letzte Woche in Augsburg beim Arzt. Der Heilungsprozess verläuft gut, der Knorpel ist fast vollständig nachgewachsen. Deshalb konnte ich jetzt langsam mit Lauftraining anfangen. Grundsätzlich muss ich aber immer schauen, wie mein Körper reagiert. Ich will so früh wie möglich wieder spielen, das ist ja klar. Wenn es im Oktober klappt, dann wäre das super. Wenn es aber erst zur Rückrunde so weit ist, dann ist es auch in Ordnung. Ich mache mir da keinen Druck. Schlimm wäre, wenn ich das Knie zu früh wieder zu stark belasten würde.


    Sie arbeiten täglich im der VfB-Reha-Welt an Ihrem Comeback, Ihre Mitspieler stehen auf dem Trainingsplatz. Wie sorgen Sie dafür, dass der Kontakt zum Team nicht verloren geht?

    Bei offiziellen Terminen bin ich ja bei der Mannschaft, wie zum Beispiel bei der Saisoneröffnung vor einigen Wochen. Im Trainingslager war ich auch ein paar Tage zu Besuch und auch abgesehen davon schaue ich manchmal beim Training vorbei. Natürlich wäre es besser, die ganze Zeit bei der Mannschaft zu sein. Aber ich kenne die Spieler ja größtenteils, von daher habe ich keine Angst, nicht eingegliedert zu sein.


    Es gab in der Vergangenheit immer wieder junge Spieler, denen man viel zugetraut hat, die dann jedoch wiederholt von Verletzungen zurückgeworfen wurde. Auch Sie hatten in Ihrer jungen Karriere bereits mehrfach mit Knieproblemen zu kämpfen. Befürchten Sie, dass Ihr Knie den Belastungen in der Bundesliga auf Dauer nicht Stand hält?

    Generell ist es natürlich gerade für junge Spieler schlecht, sich zu verletzen. Ich war vor meiner Ausleihe nach Nürnberg drauf und dran in Stuttgart Stammspieler zu werden und habe mich dann verletzt. Auch als ich dann nach Nürnberg kam, war ich auch zuerst außer Gefecht. Aber ich bin bisher immer wieder zurückgekommen. Und ich denke, dass mir das auch dieses Mal gelingen wird.


    Sie haben es schon abgesprochen: In der vergangenen Saison waren Sie für ein Jahr an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen. Haben Sie noch Kontakt zur Mannschaft?

    Viel Kontakt habe ich mit Alexander Esswein, der ein richtiger guter Freund für mich geworden ist. Mit Philipp Wollscheid rede ich auch öfters, aber der spielt jetzt ja bei Bayer Leverkusen. Und mit Dieter Hecking habe ich auch telefoniert. Nach meiner Operation haben sowieso fast alle nachgefragt, wie es mir geht, was mich echt gefreut hat. Ich habe auch vor, die Mannschaft bald mal zu besuchen.


    Sie haben sich beim Club zum Stammspieler und Leistungsträger entwickelt. War die Ausleihe im Rückblick genau das, was Sie gebraucht haben?

    Ja, das kann man schon sagen. Ich habe an die Zeit nur positive Erinnerungen: an die Stadt, den Verein, die Mannschaft, den Trainer. Ich möchte das nicht missen, es war einfach top und hat mich sportlich weitergebracht. Deshalb wird auch immer ein Stück Nürnberg in meinem Herzen bleiben.


    Ihr erstes Bundesliga-Tor gelang Ihnen beim 3:0-Sieg über Bayer 04 Leverkusen am letzten Spieltag der Vorrunde. War das eine Art Befreiung?

    Nach der Verletzung in meiner Anfangszeit in Nürnberg war das Spiel gegen Leverkusen mein erster guter Auftritt. Da habe ich gedacht, dass ich den Durchbruch geschafft habe. Danach lief es dann aber wieder nicht so gut. Erst am 25. Spieltag gegen Mainz ist der Knoten endgültig geplatzt. Da habe ich ein Tor gemacht, ein abgefälschter Schuss. So ein dreckiges Tor habe ich gebraucht, glaube ich. Davor hat man sich immer gefragt: Reicht’s für die Bundesliga? Vielleicht hatte ich zu viel Respekt. Aber nach dem Spiel war ich wie befreit, dann habe ich einfach drauf los gespielt, fast wie auf dem Bolzplatz.


    Nach dem Spiel in Mainz haben Sie sieben weitere Tore geschossen und drei Vorlagen gegeben, woraufhin Sie in aller Munde waren. Wie haben Sie es empfunden, plötzlich verstärkt im Rampenlicht zu stehen?

    Es war schon eine Umstellung, daran musste ich mich erst gewöhnen. Das Medieninteresse wurde größer. Und wenn ich jetzt in Nürtingen unterwegs bin, drehen sich die Leute schon manchmal um. Aber mir bedeutet das nichts, ich brauche das Rampenlicht nicht. Es geht mir um den Fußball. Das ganze Drumherum ist für mich nicht wichtig.


    Wie gelingt es, das alles einzuordnen und bei dem Trubel um die eigene Person auf dem Teppich zu bleiben?

    Man muss im Kopf klar sein. Ich wurde von meinen Eltern gut gezogen und betrachte mich auch nicht als den Typ, der abhebt. Wer bin ich? Ich bin ein ganz normaler Junge aus Nürtingen und der gleiche wie vor 10 Jahren. Und ich werde so bleiben – egal, ob ich später bei Barcelona oder in der Oberliga spiele.


    Während Ihrer Zeit in Nürnberg haben Sie stets offen gelassen, ob Sie zum VfB Stuttgart zurückkehren werden. Was hat am Ende den Ausschlag gegeben?

    Da wurde von den Medien viel hochstilisiert. Es hat mir in Nürnberg gut gefallen, deshalb war ja klar, dass ich mir vorstellen kann, dort zu bleiben. Und ich wusste auch nicht genau, was der VfB vorhat. Ich habe aber immer klar gesagt, dass ich in Stuttgart einen Vertrag habe und dass ich zurückkomme, wenn der VfB mich zurückholen will. Die Gespräche sind dann sehr gut verlaufen, deshalb habe ich meinen Vertrag auch gleich bis 2016 verlängert. Außerdem bin ich in Stuttgart nahe bei meiner Familie und meinen Freunden. Das ist schon ein Vorteil gegenüber Nürnberg.


    Julian Schieber war wie Sie ebenfalls ein Jahr an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen und hat dort gute Leistungen gezeigt, wurde nach seiner Rückkehr nach Stuttgart aber nicht richtig glücklich und ist nun zu Borussia Dortmund gewechselt. Was stimmt Sie zuversichtlich, dass es bei Ihnen besser läuft?

    Man kann das nicht vergleichen, jeder Fall ist anders. Julian war nach seiner Rückkehr verletzt und in der Winterpause wurde dann Vedad Ibisevic für das Sturmzentrum geholt. Aber er hat aber trotzdem seine Spiele gemacht, eben auf der linken Seite. Im Sommer hat ihm dann der amtierende Deutsche Meister ein Angebot macht, darüber denkt man natürlich nach.


    Der VfB Stuttgart ist in der vergangenen Saison in der Vorrunde wieder mal hinter den Erwartungen zurückgeblieben, hat in der Rückrunde aber zugelegt und noch die Qualifikationsrunde zur Europa-League erreicht. Was kann man vom VfB in der kommenden Runde erwarten?

    Das, was ich bisher von der Mannschaft gesehen habe, stimmt mich sehr positiv. Es wurde ja viel darüber geschrieben, dass kaum neue Spieler geholt wurden. Aber es wird oftmals vergessen: Der Stamm, mit dem eine überragende Rückrunde gespielt wurde, ist geblieben. Dazu kommen zwei Neuzugänge und einige junge Spieler, von denen manche den Durchbruch schaffen werden, davon bin ich überzeugt. Wenn die Mannschaft so wie in der Rückrunde auftritt, dann ist auf jeden Fall viel drin.


    Und was haben Sie sich persönlich für die nächste Saison vorgenommen?

    Ich muss wieder meinen Rhythmus bekommen, was seine Zeit braucht. Wichtig ist, dass ich nach meiner Rückkehr gesund bleibe. Und ich will natürlich auch meine Einsatzzeiten bekommen, aber das liegt dann nur an mir.


    Aktuell wohnen Sie wieder bei Ihren Eltern in Nürtingen. Haben Sie vor, nach Stuttgart zu ziehen, wenn Sie wieder fit sind?

    Ich habe schon eine Wohnung gefunden, die allerdings erst im September bezugsfertig ist. Während meiner Verletzung war es aber gut, dass ich bei meinen Eltern gewohnt habe. Gerade wenn man an Krücken läuft, ist man alleine oft aufgeschmissen.


    Haben Sie auch mal wieder bei Ihrem Stammverein, der SPV 05 Nürtingen, vorbeigeschaut?

    Bisher hat es noch nicht geklappt. Ich konnte am Anfang ja kaum laufen und war dann fast jeden Tag in Reha. Aber ich hoffe, dass ich demnächst mal Zeit finden .